Sven Hellmann ist Kult bei den ROSTOCK SEAWOLVES. Seit über zehn Jahren geht der gebürtige Schweriner bei den Hansestädtern auf Korbjagd, erlebte Höhen und Tiefen. Im Interview spricht der Publikumsliebling über die aktuelle Saison, das Wolfsrudel und welches Spiel ihm besonders in Erinnerung bleibt.

Du bist in die Saison mit 20 verwandelten Freiwürfen in Folge gestartet. Hast du eine Routine beim Freiwurf?

Sven Hellmann: Seit dieser Saison denke ich dabei an meine Freundin und meine Tochter, um den Druck etwas rauszunehmen. Dadurch werde ich dann etwas ruhiger und es läuft einigermaßen. Ich war immer schon ein relativ guter Freiwurfschütze. Man muss eben ruhig bleiben, denn es ist immer der gleiche Wurf.

… und vor den Spielen? Hast du da spezielle Rituale?

Ja, ich esse nicht mehr warm vorm Spiel. Ich frühstücke normal und esse dann später zum Mittag nochmal Brötchen, dass das Essen nicht so schwer im Magen liegt. Früher bei Auswärtsspielen hatte ich drei Stunden vorm Spiel noch Fast Food gegessen und das lag schwer im Magen.

IMG_5621Sven Hellmann an der Freiwurflinie. (Foto: T. Hahn)

Das erste Viertel der Saison ist gespielt. Wie bewertest du das Team bisher?

Wir sind defensiv sehr stark und sehr kämpferisch. Das war schon im letzten Jahr unser Aushängeschild, deshalb sind wir auch aufgestiegen. Wir lagen dieses Jahr schon ein paar Mal zweistellig hinten und da ist es nicht selbstverständlich, dass man dann nochmal zurückkommt und das Spiel gewinnt. Ich bin sehr positiv überrascht, denn ich hätte nicht gedacht, dass wir so gut starten, aber wir müssen auf dem Teppich bleiben, weil die Saison noch jung ist. Es kann noch viel passieren.

Kampf und Charakter hast du genannt – gibt es noch andere Erfolgsfaktoren aus deiner Sicht?

Ivo (Slavchev) ist sehr stark – vor allem, als Jarrell (Crayton) verletzt ausfiel – und für mich ein Schlüsselspieler in diesem Jahr. Bei Yannick (Anzuluni) weiß man irgendwie, was man bekommt. Aber Ivo hat aus meiner Sicht den größten Sprung im Vergleich zum Vorjahr gemacht. Seine Rebounds und sein Einsatz sind unglaublich.

Was hat sich bei den SEAWOLVES im Vergleich zur Vorsaison geändert?

Wir spielen vom Prinzip her genauso wie im Vorjahr, nur der Kader ist im Angriff stärker. Wir haben mehr Optionen in der Offensive. Ivo ist noch stärker, Yannick kann alles – Dreier, zum Korb ziehen, Post-up (mit dem Rücken zum Korb spielen). Dann haben wir noch Jarrell, der in der Defensive sehr stark ist und viel Power hat. Jens (Hakanowitz) ist wieder dabei, Zbiggi (Zbigniew Owczarek) kommt von der Bank und bringt 100 Prozent in der Verteidigung, Bogi (Jörn Boghöfer) feuert von der Bank an. Das Team hat auf jeden Fall zwei bis drei Schritte nach vorn gemacht. Die Spielweise ist wie vergangenes Jahr: Wie wollen knallharte Defense spielen, den Rebound kontrollieren und schnell spielen, all das tun wir dieses Jahr.

Wie schätzt du die Liga bisher ein?

Jede Mannschaft in der Liga ist stark. Bestes Beispiel sind die Hertener Löwen, die nur mit sieben Mann bei uns antraten. Da hat man gesehen, dass wir das Spiel fast verloren hätten. Du musst immer 100 Prozent geben.

Deine direkten Gegenspieler in diesem Jahr sind meist US-Amerikaner. Bereitest du dich dafür intensiver vor?

Wir bekommen das Scouting und schauen uns dann die Qualitäten und Statistiken an. Aber es kann so passieren wie gegen Herten, als der Point Guard im Spiel zuvor 33 Punkte gemacht hatte und wir ihn verteidigten, dann konzentrierst du dich auf ihn und plötzlich macht ein 19-Jähriger 25 Punkte gegen uns. Er erzielt sonst sieben Punkte im Schnitt. Dadurch treten solche Spieler dann aus dem Schatten, wenn die Amis nicht wären. Es ist in diesem Jahr sehr schwer, die Amis zu verteidigen.

IMG_4640„Das macht er immer so“, steht auf einem Shirt zu Ehren Sven Hellmanns. (Foto: T. Hahn)

Du warst in deiner Karriere bislang fast verletzungsfrei. Worauf führst du das zurück?

Ich mache seit über 15 Jahren zweimal die Woche Fitness-Training und habe es immer beibehalten. Das muss auch sein, sonst quält mich mein schlechtes Gewissen. Es kann natürlich sein, dass mein Körper dadurch stärker ist. Aber man ist natürlich nie davor gewappnet, dass man auf einen anderen Fuß tritt und umknickt. Da habe ich in meiner Karriere auch ein bisschen Glück gehabt.

Wie würdest du in diesem Jahr deine Rolle im Team beschreiben?

Ich bin nicht mehr der alleinige Scorer wie noch vor der letzten Saison. Das hat sich mittlerweile geändert. Seit meiner Jugend war ich derjenige, der den Ball bekam und punkten sollte. Mir ist es nun lieber, dass wir gewinnen, als dass ich 30 Punkte erziele. Es ist nicht immer ein schlechtes Spiel, bloß weil ich sechs Punkte mache – am Ende zählt nur der Sieg. Ich denke, dass bei mir in dieser Saison noch mehr geht. Ich bin noch nicht zu 100 Prozent in der Liga angekommen. Mein Anspruch ist, dass ich das noch steigern kann.

Was war das beste Spiel deiner Karriere?

Letztes Jahr in Itzehoe! Das war mein Highlight-Spiel überhaupt. Es war nicht das beste Spiel meiner Karriere, aber das Ende war legendär. Natürlich hatte ich auch Spiele mit über 30 Punkten, aber Itzehoe wird immer in Erinnerung bleiben. Das werde ich nie vergessen. Und dann natürlich der erste Aufstieg 2006 mit meinen alten Jungs. Das war schön.

IMG_2835Grenzenlose Freude in Itzehoe. Das Spiel entschied das Aufstiegsrennen. (Foto: T. Hahn)

Zum Schluss noch ein kleines Frage-Antwort-Spiel:

Kobe Bryant oder Michael Jordan? – Beide.

Schwerin oder Rostock? – Rostock.

Sprungwurf oder Korbleger? – Korbleger.

Kaffee oder Tee? – Tee.

Döner oder Burger? – Döner.

NBA oder Euroleague? – NBA.

Go-to-Guy oder Rollenspieler? – Go-to-Guy.

Rock oder HipHop? – HipHop.

Wurftraining oder Athletiktraining? – Wurftraining ist wichtiger.

Eins-gegen-Eins oder Fünf-gegen-Fünf? – Fünf-gegen-Fünf.

Kino oder Fernsehen? – Kino.

Give-and-Go oder Pick-and-Roll? – Pick-and-Roll.

Heimspiel oder Auswärtsspiel? – Auswärtsspiel.

Warum Auswärtsspiel?

Der Druck ist auswärts geringer. Ich mag es, wenn die Leute gegen einen sind, dann sind die Erwartungen geringer. Sie wollen, dass du verlierst. Deswegen ist es für mich angenehmer, auswärts zu spielen. Zuhause hast du mehr Verantwortung, weil die Zuschauer wollen, dass du gewinnst.

Zum Abschluss noch eine Frage zum Heimpublikum: Haben die SEAWOLVES die besten Fans der Liga?

Zurzeit ja. Man kennt mittlerweile sehr viele Leute vom Sehen, die nach dem Spiel Hallo sagen und dich umarmen. Und es sind auch sehr viele Kinder dabei. Das war früher nicht so. Jetzt will jedes Kind mit den Spielern einlaufen. Bisher ist unser Publikum eindeutig das beste der Liga, von der Lautstärke her, von der Begeisterung der Fans und weil in der Halle so ein großartiges Familiengefühl herrscht.