Head Coach Christian Held setzt auf Kontinuität

Im Interview spricht SEAWOLVES-Cheftrainer Christian Held über die Aufgaben in der Sommerpause, die Herausforderungen bei der Teamzusammenstellung, Ziele und den Fahrplan, bis neue Saison in der 1. Liga startet.

Seit dem Aufstieg und dem Gewinn der Meisterschaft ist knapp ein Monat vergangen. Was ist bisher passiert?

Wir haben die Saison analysiert, besonders im Hinblick auf die Spieler. Welche wollen wir halten? Wie wollen wir weitermachen? Das war eine sehr intensive Zeit. Danach haben wir uns Zeit genommen zum Durchatmen, um ein wenig Abstand von dem ganzen Trubel zu gewinnen, um etwas anderes zu sehen und um zur Ruhe zu kommen. Sowas kommt in der Saison manchmal leider zu kurz. 

Welche Aufgaben stehen in der Sommerpause an?

Zunächst einmal ging es darum, die alte Saison abzuschließen. Trotz der sehr guten Saison war es wichtig, diese rückblickend zu analysieren. Wo sind noch Punkte, in denen man sich verbessern kann? Gerade im Hinblick darauf, dass man Fortschritte machen möchte, um ein neues Level zu erreichen. Danach haben die Überlegungen begonnen, wie das neue Team in der neuen Saison aussehen soll. Aufbauend darauf werden die Gespräche mit den bereits vorhandenen Spielern geführt. In diesem Prozess befinden wir uns momentan. 

Wir haben aktuell drei Spieler unter Vertrag, die vor der letzten Saison ihren Zweijahresvertrag bei uns unterschrieben haben. Das sind Sid-Marlon Theis, Till Gloger und Gabriel de Oliveira. Diese drei Spieler möchten wir auch gerne mit in die 1. Basketball Bundesliga (BBL) nehmen. Auf diesen bestehenden Stamm möchten wir gerne aufbauen – zunächst mit Spielern der letzten Saison und dann mit neuer Verstärkung. 

Sid-Marlon Theis (links), Till Gloger (Mitte) und Gabriel de Oliveira (rechts) laufen auch in der Saison 2022/23 für die ROSTOCK SEAWOLVES auf.

Wie genau läuft der Scouting-Prozess ab, wie wird nach neuen Spielern gesucht?

Zunächst einmal geht es darum sich genaue Gedanken zu machen, wie eine Mannschaft in der BBL aussehen könnte und welche neuen Herausforderungen dort auf uns zukommen. Danach geht es daran, ein genaues Anforderungsprofil für jede einzelne Position zu erstellen. Dieses muss natürlich nicht nur sportlich zusammenpassen, sondern hierbei geht es auch darum, die menschlichen Komponenten aufeinander abzustimmen. Danach erst beginnen wir gezielt, genau diese Spieler zu suchen und die Gespräche mit Agenten, Trainern oder auch Spielern zu führen. Bei der Suche nach Spielern verbringen wir dann unglaublich viel Zeit damit, uns viele Spiele überall auf der Welt anzuschauen. Es stecken also viele Gedanken, Herausforderungen und viel Arbeit hinter der Zusammenstellung eines Kaders. Zugleich macht es das aber auch sehr spannend.

Um mir hier einen noch besseren Überblick zu verschaffen, werde ich Anfang Juli nach Las Vegas fliegen, um dort bei der NBA Summer League dabei zu sein. Es ist immer ein Event, bei dem man viele Leute trifft und sich viel austauschen kann – und natürlich auch viele Spieler sehen kann.

Steht schon fest, wie viele Spieler aus dem alten Kader den Weg in die 1. Liga mitgehen werden?

Wir führen aktuell viele, zum Teil sehr gute Gespräche. Allerdings sind die Verträge noch nicht unterschrieben und deswegen gibt es da leider auch noch nichts zu vermelden. 

Was ich allerdings schon sagen kann: Wir werden wohl einen großen Teil der Mannschaft und viele Gesichter wiedersehen. Der Plan, kontinuierlich zu arbeiten, bestand bereits vorletzte Saison. Dieser Plan wird weitergeführt, um uns kontinuierlich zu verbessern und auch mit den Spielern zu arbeiten, die wir in der letzten Saison verpflichtet haben. 

Wenn man sich ansieht, wie die Mannschaft letztes Jahr zusammengestellt wurde, dann waren viele Spieler in der Mannschaft, die mehr oder weniger in Europa Rookies (1. Jahr als Profi, d. Red.) waren. Gerade von diesen Spielern erhofft man sich dann Entwicklungspotenzial. Das hat sich auch bereits gezeigt. Bei vielen geht es im ersten vollen Jahr erstmal darum, in Europa anzukommen, und das Spiel, welches abweichend vom amerikanischen ist, mit seinen Feinheiten kennenzulernen. Im zweiten Jahr geht es verstärkt darum, von dieser Entwicklung zu profitieren, bzw. diese weiterzuführen und zu fördern. Allgemein ist es der Plan, den Weg von der letzten Saison weiterzugehen.

Vor welchen Herausforderungen stehen die ROSTOCK SEAWOLVES in der ersten Liga? Worauf kommt es besonders in der ersten Saison in der BBL an?

Ich glaube, es sind mehrere Herausforderungen, die uns bevorstehen. Zum einen ist die Mannschaftszusammensetzung etwas anders als in der ProA (2. Liga). Dort hat man immer zwei Deutsche auf dem Feld. In der BBL geht es darum, sechs Deutsche und sechs Ausländer auf dem Spielbogen zu haben. Das bedeutet, man kann spielen, wie man möchte. Natürlich braucht man mit sechs Deutschen im Zwölfer-Kader auch Spieler, die wirklich spielen können. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir diese auch schon unter Vertrag haben, insbesondere mit Sid und Till, aber auch mit Gabriel, bei dem wir noch Entwicklungspotenzial sehen. Wir sind sehr glücklich, dass uns dort schon ein Stamm an Spielern zur Verfügung steht, und diesen gilt es dann um drei weitere zu ergänzen. Das werden wir nicht komplett aus dem Bestand des letzten Jahres schaffen, diesen jedoch durch Neuverpflichtungen ergänzen.

Zum anderen geht es darum, die passenden Importspieler zu verpflichten. Auch hier werden wir welche aus dem letzten Jahr mitnehmen, um deren Entwicklung fortführen zu können und zum anderen Spieler verpflichten, um hier eine gewisse Qualität zu erzielen, die der ersten Liga entspricht.

Christian und Ralph Held bejubeln die ProA-Meisterschaft.

Wie lautet das Saisonziel der ROSTOCK SEAWOLVES im nächsten Jahr?

Das Ziel ist der Klassenerhalt. Alles andere wäre im ersten Jahr vermessen.

Die ROSTOCK SEAWOLVES haben vier Jahre in der ProA gespielt. Das ist ein beeindruckender Durchmarsch gewesen und es zeigt, was für eine Entwicklung die Organisation bis zu diesem Zeitpunkt durchlaufen hat. Auch wenn man die Entwicklung der Strukturen sieht, ist da viel Gutes passiert, vor allem in einem rasanten Tempo. Wir haben gerade in der letzten Saison die Zeit sehr intensiv genutzt, um weitere Strukturen zu schaffen. Das ist auch daran erkennbar, dass die Lizenz ohne Auflagen erteilt wurde. 

Die 1. Liga ist auf jeden Fall etwas Neues, was man sich erstmal erarbeiten muss. Auch für mich wird es die erste Saison in der BBL als Head Coach sein. Es wird eine neue Herausforderung für uns sein. Es wird zunächst darum gehen, wieder dazu zu lernen, und sich dem neuen und höheren Niveau anzupassen. Das klare Ziel ist definitiv der Klassenerhalt. 

Es sind noch knapp zwei Monate, bis es wieder mit dem Training losgeht. Was ist geplant und wann genau startet die Vorbereitung? Worauf dürfen sich die Fans freuen? 

Wir befinden uns momentan noch in der Planung. Mitte August werden die Spieler wieder in Rostock eintreffen und wir werden dann Mitte/Ende August auch wieder mit dem Training anfangen. In diesem Zeitraum werden wir auf jeden Fall ein Trainingslager abhalten. Wo genau werden wir dann sehen, das wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Zudem werden die ersten Testspiele, wahrscheinlich während des Trainingslagers stattfinden. Es wird auch geplant, ein Testspiel in der Stadthalle in Rostock zu veranstalten, um die neue Mannschaft einmal vor der Saison den eigenen Fans präsentieren zu dürfen. Es wird definitiv eine Gelegenheit geben, die Spieler kennenzulernen. 

Ich glaube auch, dass es für die Fans interessant sein wird, die Entwicklung der Spieler über viele Jahre immer wieder weiter verfolgen zu können und nicht jedes Jahr eine komplett neue Mannschaft zu sehen. Ich glaube, dass hilft uns zudem sehr, unseren Ansatz der stetigen Verbesserung zu erreichen. Kontinuität hat einen positiven Effekt auf die Mannschaft und die Fans. Man hat die Chance, eine Entwicklung mitzuerleben, wodurch die Identifikation mit den Spielern größer wird und die Bindung gestärkt werden kann. Des Weiteren ist es für mich ein großes Kompliment, dass die Spieler ganz offensichtlich der Meinung sind, dass wir sie weiterbringen können und sie die begonnene Entwicklung bei uns gemeinsam fortsetzen möchten. Von dieser Entwicklung möchten wir als Verein dann aber natürlich auf lange Sicht auch sportlich profitieren.

Interview: Thomas Käckenmeister