Was in Polen passiert, bleibt in Polen. So könnte der Untertitel des Trainingslagers lauten, das die ROSTOCK SEAWOLVES derzeit im polnischen Kolberg absolvieren. In einem Sporthotel mit Basketballhalle ist das Team untergebracht. Neben intensiven Trainingseinheiten und teamfördernden Maßnahmen stehen auch zwei Testspiele auf dem Programm. Einige Eindrücke gibt es in diesem Tagebuch aus dem Trainingslager.
Samstag, 2. September 2017
Um 9:00 Uhr ist Treffpunkt in Rostock. Zwei Kleinbusse und ein PKW sind vollbeladen, die insgesamt 18 Mitreisenden – 13 Spieler, zwei Trainer, Physio, Pressesprecher und Reiseleiter Zbigniew Owczarek – aufgeteilt. Über die A20 geht es über Stettin nach Kolberg an die polnische Ostseeküste. Gegen 14 Uhr trifft der Konvoi in Kołobrzeg (so lautet der polnische Ortsname) ein. Nach dem Check-In und dem Bezug der Zimmer ist für 16 Uhr die erste Trainingseinheit in der Hala Milenium, der über 1.300 Plätze fassenden Heimstätte des polnischen Zweitligisten Kotwica Kołobrzeg, angesetzt. Bei über 30 Grad ist das Training doppelt so hart und die anschließende Freude doppelt so groß, als die Abkühlung im hauseigenen Aquapark folgt. Um 19:30 Uhr gibt es das gemeinsame Abendessen, an das eine kleine Teamaktivität anknüpft, damit sich die Spieler untereinander besser kennenlernen. Was dort ans Licht kam, wird nicht verraten, getreu dem Motto: Was in Polen passiert, bleibt in Polen. Zu später Stunde erreicht auch der Sportliche Leiter die Unterkunft, nachdem er tagsüber die Tagung der 2. Basketball-Bundesliga in Göttingen besucht hatte.
Sonntag, 3. September 2017
Erst 24 Stunden vor Ort und bereits drei zweistündige Trainingseinheiten sind absolviert. Physiotherapeut Stefan Keller hat alle Hände voll zu tun, um die müden Muskeln der Spieler wieder geschmeidig zu kneten.
Nach dem Frühstück beginnt die erste Trainingseinheit mit einer Teamaktivität, in dem alle Spieler ein Seil mit 14 Knoten lösen müssen. Die Schwierigkeit: Eine Hand eines jeden Spielers berührt die ganze Zeit über das Seil. Keine leichte Aufgabe, doch die Wölfe knacken das Rätsel nach wenigen Minuten. Das Training ist intensiv und die Halle fast genauso warm wie am Vortag. Das Mittag und die lange Ruhepause haben sich die Spieler mehr als verdient.
Das zweite Training des Tages startet mit verbundenen Augen. Die Spieler sollen blind mit einem Seil einen Kreis und ein Viereck bilden – auch hier ist Kommunikation der Schlüssel für das erfolgreiche Lösen dieser Aufgabe.
Nach dem Abendessen steht erneut Basketball auf dem Programm. Doch diesmal drücken die SEAWOLVES der Deutschen Nationalmannschaft die Daumen. Trotz eines 16-Punkte-Polsters verpasst die DBB-Auswahl den dritten Sieg in Folge; Israel gewinnt mit 82:80.
Die Stimmung im Camp ist gut und das Team rückt enger zusammen, findet nicht nur Neuzugang Darian Cardenas: „Es ist wichtig, dass wir knapp eine Woche zusammen verbringen. Sonst geht jeder nach dem Training seine eigenen Wege. In diesem Trainingslager können wir uns noch besser kennenlernen.“
Montag, 4. September 2017
Noch einen Tag bis zum nächsten Testspiel, es wird das erste von zwei Vorbereitungsspielen innerhalb des Trainingslagers sein. Eine Trainingseinheit am Vormittag hilft, das Gelernte der letzten Tage zu vertiefen.
Nach dem Mittagessen geht es zur Abwechslung in den Wald. Bei strömendem Regen beginnt eine Team-Maßnahme der besonderen Art. Das Team wird in zwei Gruppen aufgeteilt. Beide kämpfen zunächst darum, wer schneller blind und gemeinsam einen Baumstamm durch verschiedene Hindernisse führen kann. Aus jedem Team kann nur der zuvor gewählte Anführer sehen und seine Mannschaft mit Worten navigieren.
Danach erhält jede Truppe eine Karte und einen Kompass, um ein etwa zwei Kilometer weit entferntes Ziel zu Fuß zu erreichen. Es geht durch die Flora und Fauna des triefend nassen polnischen Küstengebietes, entlang des Flusses namens Parsęta. Bei uns wäre das vergleichbar mit der Warnow, die in Rostock-Warnemünde in die Ostsee mündet; hier vor Ort fließt die Persante (lt. Wikipedia die deutsche Übersetzung) in Kolberg in die Ostsee.
Am Ziel angekommen, muss sich jeder Spieler über den etwa 15 Meter breiten Fluss hangeln, um an das andere Ufer zu gelangen. Für Lacher und gute Stimmung ist gesorgt, wenngleich Details an dieser Stelle verborgen bleiben, denn: Was in Polen passiert, bleibt in Polen. Zum Abschluss des knapp fünfstündigen Alternativprogramms zum Training paddeln beide Teams in Schlauchbooten flussabwärts zum Startpunkt.
Die regennassen Klamotten haben zwar anfangs für trübe Gemüter gesorgt, durch die Flussüberquerung kehrte aber schnell der Spaß zurück und es wurde für Jeden ein unvergessliches Erlebnis.
Dienstag, 5. September 2017
Nach dem ereignisreichen Wochenstart sind heute wieder quietschende Sohlen auf dem Hartholz angesagt. Nach der Vormittagseinheit und dem Mittagessen stehen Video-Interviews auf dem Programm. Fans werden in den nächsten Tagen bis zum Saisonstart erfahren, welche Spieler die ROSTOCK SEAWOLVES 2017/2018 verkörpern.
Am Abend steht das erste von zwei Testspielen während des Camps auf dem Programm. Gegner in der gegenwärtigen Trainingshalle der SEAWOLVES ist die Mannschaft, die dort sonst ihre Heimspiele in der 2. Polnischen Liga austrägt: Kotwica Kolobrzeg. Mit acht Spielern nehmen sie es mit den Wölfen auf; vier Mannschaftskameraden fehlen.
Das erste Viertel gehört dem Team von Ralf Rehberger, das die ersten fünf Würfe trifft und sich mit 8:2 (2. Min) absetzt. Bis zum Ende des Durchgangs läuft es offensiv wie am Schnürchen; nach zehn Minuten führen die Gäste aus Deutschland mit 29:18. Im zweiten Abschnitt stockt der Angriffsmotor etwas, die Kolberger können bis auf drei Punkte verkürzen (33:30, 19. Min), ehe die SEAWOLVES mit einer 38:32-Führung in die Halbzeit gehen. Nach dem Seitenwechsel hält die Defensive der Wölfe und auch der Ball fällt wieder hochprozentiger durch den Ring. Am Ende steht ein 86:66-Erfolg zu Buche. Morgen reisen das Team ins benachbarte Koszalin zum nächsten Vorbereitungsspiel.
Mittwoch, 6. September 2017
Nach der Trainingseinheit am Vormittag durchbricht die Sonne die Wolkendecke. Zeit für einen kurzen Strandbesuch, ehe es zum Mittagessen geht. Während sich einige Spieler im Anschluss einen ausgedehnten Mittagsschlaf gönnen, schauen die anderen das letzten EM-Vorrundenspiel Deutschlands gegen Litauen.
Um 17 Uhr ist Abreise zum nächsten Testspiel. Es geht in das 40 Kilometer entfernte Koszalin. Dort wartet in der 3.000 Zuschauer fassenden Hala Widowiskowo-Sportowa die Erstligatruppe AZS Koszalin auf die Wölfe. Das nicht-öffentliche Vorbereitungsspiel beginnt mit dem besseren Start für die Gastgeber. Doch die SEAWOLVES beginnen nach dem 0:4 und einer Auszeit von Coach Rehberger mit dem Punkten. In der 6. Minuten liegen die Gäste mit 14:9 vorn, doch Koszalin findet sowohl sein Glück von außen als auch unter dem Korb. Zur Pause liegen die Wölfe mit 35:43 in Rückstand. Ausschlaggebend war ein 0:11-Lauf der Hausherren im zweiten Durchgang.
Nach der Pause erwischt Koszalin den besseren Start und versenkt Dreier um Dreier, um sich zweistellig abzusetzen. Doch die SEAWOLVES lassen sich nicht abschütteln und antworten mit einem 15:2-Lauf zum 55:55-Ausgleich in der 29. Minute. Die Aufholjagd endet nach einem erneuten Zwischenspurt der Gastgeber. In der 34. Minute sehen sie wie der sichere Sieger aus, als der Vorsprung 13 Punkte beträgt (62:75).
Während vor allem Brandon Lockhart und Dennis Teucher für wichtige Impulse in der zweiten Hälfte sorgen, ist Chris Frazier in der Schlussphase hauptverantwortlich für ein Comeback. Seine Distanzwürfe bringen die Rostocker zurück ins Spiel. Im letzten Angriff zieht Lockhart zum Korb, wirft den Ball über drei Spieler in Richtung Korb, doch das Leder prallt ab und fällt direkt in die Hände von Bill Borekambi. Noch sind 1,2 Sekunden zu spielen, ehe Borekambi den Ball im Sprung hochwirft und trifft. Die ROSTOCK SEAWOLVES besiegen AZS Koszalin mit 86:84 und bleiben damit in der Saisonvorbereitung auch im sechsten Spiel ungeschlagen.
Am letzten Camp-Abend besucht das Team nach dem Sieg über AZS Koszalin ein Restaurant, um die lokale Küche zu genießen. Es gibt das polnische Nationalgericht Bigos (vgl. mit Schmorkohl), Kartoffelnudeln und Gulasch sowie Piroggen (Teigtaschen) mit verschiedenen Füllungen. Das gesamte Team genießt das Essen und dankt Reiseleiter Zbigniew Owczarek mit Applaus für die hervorragende Organisation des gesamten Trainingslagers.