Rehberger: „Die Local Player-Regel wirbelt das Teamgefüge durch“

SEAWOLVES-Coach Ralf Rehberger spricht im Interview über die vergangene Spielzeit und die Auswirkungen der neu geschaffenen Local-Player-Regelung auf die Kaderzusammenstellung für die kommende Saison.

Herr Rehberger, wie lautet Ihr Saisonfazit 2016/2017?

Alles in allem war es eine schwierige und turbulente Saison mit vielen Tiefen aber auch Höhen. In der Rückrunde gab es sieben Siege aus elf Spielen. Die Mannschaft hat zur rechten Zeit die Kurve gekriegt und sich am Ende für die Playoffs qualifiziert. Dort schied sie aber verdient aus, weil sie in Karlsruhe zu viele Chancen liegen gelassen hat und weil sie im Heimspiel einfach nicht gut genug war – das muss man leider festhalten. Ich glaube, das Wichtigste war die Qualifikation für die Playoffs. Damit gab es Planungssicherheit für die nächste Saison und die Gewissheit, dass man mit dem Abstieg nichts zu tun hat. Von daher ist das Fazit positiv.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere am Projekt ROSTOCK SEAWOLVES?

Es ist eine sehr ehrgeizige und professionelle Organisation. Das zeigt sich in der Präsentation der Heimspiele. Das schreit förmlich nach mehr. Zudem ist der Umgang miteinander innerhalb der Organisation sehr konstruktiv, offen und ehrlich, getrieben vom Ehrgeiz und gewünschten Erfolg. Es herrscht eine angenehme und familiäre Arbeitsatmosphäre.

Sie sind seit Dezember 2016 in Rostock. Wie gefällt Ihnen die Stadt?

Ich habe noch nicht alles von der Stadt gesehen, weil ich vorwiegend arbeite. Was ich gesehen habe, gefällt mir sehr gut. Ich bin sehr gerne in Rostock. Wasser in der Stadt ist immer etwas Gutes und schafft ein besonderes Flair. Man fährt 20 Minuten und ist am Meer. Das hat was. Ich finde, die Menschen sind megafreundlich und offen – das schreibt man den Norddeutschen ja in der Regel nicht gleich auf die Fahne. Das stimmt aber nicht. Ich habe es komplett anders kennengelernt. Meine Eindrücke von Rostock sind durchweg positiv.

Blicken wir auf das Sportliche und den Ausblick auf den Sommer. Lange Zeit gab es die Klageandrohung Schwenningens und die damit verbundene Kontroverse um die Quote. Welche Meinung haben Sie dazu und welchen Einfluss hat die Neuregelung aus Ihrer Sicht auf die Spielerauswahl?

Das Saisonende und die Klarheit, dass man im nächsten Jahr definitiv in der 2. Basketball-Bundesliga ProB spielt, setzte sofort das Denken und den Prozess Richtung neue Saison in Gang. Nach wie vor gibt es diese Klageandrohung des Aufsteigers Schwenningen und das wirbelt alles irgendwie durcheinander. Daraus haben sich neue Regularien hinsichtlich der Ausländerregelung ergeben. Das schafft eine Situation, die man genau analysieren und durchdenken muss, weil sich die Kaderzusammenstellung verändert. Man muss genau schauen, denn nicht jeder Deutsche ist jetzt auch ein Deutscher, weil unterschieden wird zwischen einem Deutschen und einem sogenannten „Local Player“*. Ich persönlich finde es weder hilfreich noch richtig und fair, dass man die bestehende Regel dahingehend verändert.

Faktisch gibt es jetzt einen Beschluss, von dem niemand weiß, wie lange er aufrecht erhalten bleibt. Das macht das Ganze schwierig, denn wenn man verschiedene Modelle durchdenkt und sagt, man braucht immer drei Local Player auf dem Feld, dann bedeutet das: Ich brauche im Kader mindestens fünf, eher sechs Local Player. Dazu erlaubt man nur noch zwei Nicht-Europäer. Das umfasst bereits acht Spieler. Jetzt muss man in Wechselrotationen denken: Wen nehme ich für wen vom Feld, so dass ich die geforderte Maßgabe erfülle – immer drei Local Player auf dem Feld.

Bei uns besitzen Daniel (Lopez) und Ivo (Slavchev) gültige Arbeitsverträge. Beide gelten in der kommenden Saison als Europäer – Daniel nicht mehr Deutscher (im Sinne eines Local Players). Zudem hatten wir letztes Jahr mit Zbigniew (Owczarek) einen weiteren Spieler, der ab der neuen Saison als Europäer gilt. Das wirbelt das Teamgefüge durcheinander und sorgt dafür, dass man sich beinahe komplett neu aufstellen muss.

Wir sind mittendrin in diesem Prozess und dieser Prozess ist lange noch nicht abgeschlossen. Was passiert, wenn Schwenningen gegen die Regelung tatsächlich klagt und die Quote vor der Saison erneut gekippt wird? Haben wir dann den Kader richtig zusammengestellt?

Das deutet auf einen großen personellen Umbruch hin. Können Sie schon einen Ausblick geben, wie die SEAWOLVES in der Saison 2017/2018 aussehen werden?

Einerseits gibt es die Neuregelung, die eine entsprechende Rekrutierung vorgibt, nämlich in die Richtung Local Player. Derzeit analysieren wir den Markt so gut, um Spieler zu finden, die das Kriterium Local Player erfüllen, aber auch eine gewisse Qualität mit nach Rostock bringen. Unser Ziel ist es, das SEAWOLVES-Team weiterzuentwickeln, es besser zu machen.

Eines ist klar: Das Gros des Teams blieb über die letzten drei Jahre zusammen und wenn man genau hinschaut, ist ein Abwärtstrend zu erkennen: Nach dem Halbfinale im ersten ProB-Jahr als Aufsteiger und dem Achtelfinal-Aus in der vorletzten Saison spielte man in der vergangenen Saison mit dem Team de facto gegen den Abstieg. Das müssen wir jetzt revidieren und verändern. Das erfordert neues Personal, neue Aufgaben und neue Rollenverteilungen.

Was können die Fans vom neuen Team erwarten?

Ich hoffe, dass es uns gelingt, Spieler nach Rostock zu holen, die den gleichen Ehrgeiz und Enthusiasmus mitbringen, wie ihn die gesamte Organisation und unsere tollen Fans haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir Spieler verpflichten, die sowohl ihre Leistung bringen als auch teamfähig und charakterlich gefestigt sind. Deshalb dauert der Prozess etwas länger, weil man nicht nur nach Statistik und Lebenslauf geht. Mir ist wichtig, dass am Ende ein Team auf dem Feld steht und versucht, guten Basketball zu zeigen und Spiele als Mannschaft zu gewinnen.

Das Interview führte Thomas Käckenmeister / Fotos: Tobias Hahn Fotografie 


* Bisher gab es in der 2. Basketball-Bundesliga ProB die Regelung, dass mindestens drei Deutsche zu jedem Zeitpunkt des Spiels auf dem Feld eingesetzt werden müssen. Ab der kommenden Saison 2017/2018 müssen jederzeit drei „Local Player“ auf dem Feld stehen. Zusätzlich dürfen in einem Spiel maximal zwei Nicht-EU Ausländer eingesetzt werden. Ab der Saison 2018/2019 wird auf einen Nicht-EU Ausländer reduziert.

Damit ein Spieler den Status des „Local Players“ erhält, muss mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Spieler hat mindestens für eine volle Spielzeit und vor Erreichung der Altersklasse U15 eine Spielberechtigung für einen Verein erworben, der während dieser Zeit dem DBB angehörte, und in dieser Zeit aktiv am Spielbetrieb des DBB oder seiner Gebietsgliederungen (Landesverband, Kreis) teilgenommen.
  • Der Spieler hat mindestens für eine volle Spielzeit und vor Erreichung der Altersklasse U15 eine Lizenz oder Spielberechtigung bei einem Verband erworben, der dem DOSB angehört. Der Spieler muss in dieser Spielzeit aktiv am Spielbetrieb oder Wettbewerben des Verbandes teilgenommen haben.
  • Der Spieler hat von der Altersklasse U15 bis einschließlich der Altersklasse U19 mindestens drei volle Spielzeiten eine Spielberechtigung für einen oder mehrere Vereine erworben, der/die während dieser Zeit dem DBB angehörte(n), und in dieser Zeit aktiv am Spielbetrieb des DBB oder seiner Gebietsgliederungen (Landesverband, Kreis) teilgenommen.