Basketball ist mein zu Hause

Seit Jahren ist die Integration von ausländischen Mitbürgern in die Gesellschaft ein großes Thema, welches in Politik und Wirtschaft für viel Diskussionsbedarf sorgt. Politiker, Soziale Einrichtungen, Toleranz- und Integrationsorganisationen entwickeln Tag für Tag neue Konzepte, um jungen Menschen den Einstieg in die Gesellschaft zu erleichtern. Auch der EBC Rostock unterstützt dieses Projekt seit mehreren Jahren und gibt ausländischen Mitbürgern ein neues Zu Hause. Integration durch Sport, Teilen der Leidenschaft zum Ball, Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit. Heute interviewt Tobias Hahn, Pressewart des EBC Rostock einen ganz besonderen Menschen, der sein Land verließ und durch den Sport eine neue Heimat fand.

Nader, was hat dich dazu bewegt dein Heimatland Syrien zu verlassen und nach Deutschland/ Rostock zu kommen?

Mein Heimatland habe ich aufgrund des Krieges in Syrien verlassen. Die Lebenssituation ist furchtbar und kaum in Worte zu fassen. Ich denke Niemand kann sich wirklich vorstellen, wie es ist in einem Kriegsgebiet zu leben. Jeder Tag ist geprägt von der Angst vor dem Tod. Die ständige Frage im Kopf wann man stirbt oder wie es geschehen wird macht jeden Menschen krank, der solch eine Situation schon einmal durchleben musste. Die ständige Angst vor Bomben und Soldaten, die Ihre Schusswaffen auf die Einheimischen richten bringt einen um den Verstand. Nachdem ich mein Studium beendet hatte, wollte mich die Regierung in die Armee einziehen. Doch ich wollte kein Teil dieses Machtkampfes sein und habe mich entschieden nach Deutschland zu reisen, um hier ein sicheres und friedvolleres Leben zu führen.

Ist der Rest deiner Familie noch in Syrien und hast du Geschwister?

Meine Eltern und meine zwei Schwestern leben immer noch in Syrien. Mein großer Bruder ist bereits vor geraumer Zeit nach Amsterdam ausgewandert.

Was ist nach deinem Empfinden der größte Unterschied zwischen dem Leben in Syrien und dem Leben in Deutschland?

Wenn du mich persönlich fragst, kann ich dir nur sagen, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Leben in Syrien gibt. Die Situation ist zu aussichtslos, um überhaupt von einem „Leben” zu sprechen. Die Angst vor dem Tod dominiert gegenüber dem Willen zu Leben.

Wie bist du zum Basketball gekommen?

Meinen ersten Kontakt zu einem Basketball und dem damit verbundenen Spiel habe ich vor 9 Jahren gehabt. Mein großer Bruder spielte damals in einem Syrischen Verein. Eines Tages nahm er mich mit und mir hat das Zusammenspiel mit anderen Jugendlichen so gut gefallen, dass ich dabei geblieben bin.

Wie ist die Entwicklung des Basketballs in deinem Land? Ist es dort auch eine Sportart, die gerne betrieben wird?

Basketball ist schon relativ Bekannt in Syrien. Obwohl die Populärste Sportart immer noch Fußball ist. Dennoch muss man sagen, dass die Popularitätsspanne zwischen den beiden Sportarten nicht so groß ist wie in Deutschland ist. Ganz knapp hinter dem Fußball folgt schon Basketball.

Wie bist du zum EBC Rostock gekommen oder auf den Verein aufmerksam geworden?

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Als ich in Rostock ankam, begann ich damit Basketball auf der Straße und auf Freiplätzen zu spielen, um mir einen Ausgleich zu schaffen. Beim Spielen traf ich eines Tages einen Mann in meinem Alter. Wir kamen ins Gespräch und er erzählte mir von dem Verein, indem er spielte. Das war der EBC- Rostock. Er nahm mich mit zum Training und von diesem Tag an besuche ich regelmäßig die Trainingseinheiten der Herren 3 Mannschaft. Die Jungs sind alle sehr freundlich zu mir und geben ihr Bestes, dass ich mich hier zu Hause fühle. Dennoch ist die Kommunikation manchmal schwierig, da ich noch nicht all zu gut Deutsch spreche.

Welche Rolle spielt Basketball in deinem Leben?

Basketball ist meine große Leidenschaft. Als ich noch in Syrien gelebt habe, habe ich jede Gelegenheit genutzt, um Basketball zu Spielen. Während der Schule im Sportunterricht, nach der Schule auf dem Freiplatz, an den Wochenenden mit meinen Kumpels. Einfach jede freie Minute. Meine Mutter hat immer gesagt, dass mein Basketballclub mein zu Hause sei und ich mein Elternhaus nur als Hotel zum Essen und Schlafen nutzen würde.

Vermisst du deine Heimat manchmal?

Natürlich vermisse ich Syrien. Besonders meine Familie und meine Freunde fehlen mir sehr. Aber ich habe keine andere Wahl, als hier zu bleiben, um in Frieden leben zu können. Das traurige ist, dass ich sie nicht einmal besuchen kann, weil der Krieg in Syrien mir keine Möglichkeit gibt in mein Heimatland zurück zukehren.

Wie fühlst du dich in Rostock?

Ich mag Rostock sehr und fühle mich auch schon ein kleines bisschen heimisch. Rostock ist eine wunderschöne Stadt. Besonders im Sommer entfaltet sie ihre ganze Schönheit.

Möchte deine Familie nach Deutschland nachkommen?

Ich würde mir nichts mehr wünschen als, dass meine Familie hier bei mir sein könnte. Aber es besteht keine Möglichkeit. Es wäre ein zu schwerer Weg für sie die Deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen und ich glaube das die derzeitige politische Situation auch nicht zulassen würde. Dennoch hoffe ich sehr, dass es Ihnen irgendwann gelingt.
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Was sind deine Ziele in den nächsten Jahren?

Ich hoffe, dass ich so schnell wie möglich den Deutsch- Sprachkurs erfolgreich abschließen werde. Das ist für mich die Grundlage, um hier in Deutschland ein Studienplatz zu bekommen. Und falls es mir gelingen sollte in Rostock zu bleiben, werde ich auf jedem Fall dem EBC Rostock weiterhin ein treues Mitglied sein.