Jarrell Crayton ist einer der Arbeiter unter den Körben bei den ROSTOCK SEAWOLVES. Der US-Amerikaner spricht im Interview über seine Entwicklung und Ziele, seine Spielweise, seine Tattoos und warum er sich bei den SEAWOLVES so wohlfühlt.

Wer ist Jarrell Crayton?

Jarrell Crayton: Ich bin ziemlich gelassen und zurückhaltend. Ich brauche ein wenig, um aufzutauen und mich anderen Menschen zu öffnen. Es hängt natürlich von meiner Tagesform ab, aber ich bin ein ruhiger Mensch, der gern Musik hört. Ich höre gern Klassik oder Jazz. Michael Bublé ist einer der Künstler, die ich gern vorm Spiel höre. Und dann natürlich HipHop. Da gibt es einen Song, All Me von Drake.

Du kommst aus Omaha, Nebraska, mitten in den USA. Wie ist es dort?

Das Wetter ist ähnlich wie hier, nur etwas kälter und mehr Schnee. Omaha kann man vom Stadtgefühl gut mit Hamburg vergleichen, auch wenn dort nicht so viele Menschen wohnen.

Nebraska ist weit entfernt von der US-Küste. Warst du auch mal dort?

Ja, ich war einmal in Kalifornien. Außerdem habe ich mal in Virginia an der Ostküste gelebt, als ich jünger war.

Du hast in drei verschiedenen Colleges – in Sheridan, Boise State und Montana State – Kommunikationswissenschaften studiert. Wie kam das?

Als ich die Highschool beendet hatte, war ich noch nicht so weit, um auf eines der großen Colleges in der 1. Division zu gehen. Also besuchte ich zwei Jahre ein Junior College zur Vorbereitung. Danach nahm ich zusätzliche Kurse im Sommersemester und konnte so weniger trainieren. Als ich in Boise State (Division 1) ankam, war ich im Rückstand und musste mich ins Team kämpfen. Also ging es für das letzte College-Jahr nach Montana State (Division 2).

Danach ging es für dich nach Island, deiner ersten Station als Profi, richtig?

Ja, es gab damals zwei Teams, die an mir Interesse hatten. Beim Team aus Island konnte ich direkt den Vertrag unterschreiben, beim anderen Team gab es mehrere Kandidaten und ich hätte warten müssen. Ich mag es nicht zu warten. Also unterschrieb ich in Island, das war die beste Option für mich.

Kannst du kurz beschreiben, wie es dort war?

Die Sprache war sehr schwer zu verstehen und noch schwerer zu erlernen. In der Liga gab es auch viel Wettkampf, aber in der 2. Basketball-Bundesliga ProB ist es noch intensiver. Dort hat es mich sehr gefordert, aber hier in Deutschland geht es zwischen den Teams viel mehr zur Sache.

Wie gefällt dir Rostock?

Ich mag die Stadt. Ich schlendere gern durch die Straßen; raus aus der Wohnung und dann einfach in der Innenstadt spazieren.

Vor den Heimspielen fährst du mit der Bahn zu den Spielen und nicht mit den anderen Spielern? Gibt es dafür einen Grund?

Ehrlich gesagt, bereite ich mich so mental auf das Spiel vor. Dadurch schaffe ich mir etwas Abstand und kann mich besser konzentrieren. Vor den Spielen gehe ich noch etwas Essen, trinke einen Kaffee und dann geht es in die Spielvorbereitung.

Kannst du dir denn vorstellen, bei den SEAWOLVES zu bleiben?

Wenn ich weiterhin im Team stehen soll, dann ja. Denn hier ist es genauso wie in meinen ersten beiden Jahren am College. Das Team, der Zusammenhalt, das Coaching und die Spielweise sind großartig und hier fühlt es sich genauso an wie damals in Sheridan. Es passt einfach alles zusammen. Jeder ist im Team ist eine Persönlichkeit, wir lachen und unternehmen viel gemeinsam abseits vom Training.

Was hältst du von den SEAWOLVES-Fans? Sind sie auch wie am College?

Das ist unglaublich, auch wenn wir keine Band oder Cheerleader haben. Ich liebe unsere Fans. Bei jedem Heimspiel geben sie uns so viel Energie. Egal ob wir hinten liegen oder führen, sie geben immer alles. Sie sind unser sechster Mann. Sie sind Teil des Teams und helfen uns zu gewinnen. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen. Ich möchte allen Fans für die unglaubliche Unterstützung danken.

Hast du manchmal auch Heimweh?

Seit ich Weihnachten für eine Woche zu Hause war, habe ich kein Heimweh mehr.

Hast du irgendein Lieblingsteam oder einen -spieler in der NBA?

Die Los Angeles Clippers sind mein Lieblingsteam. James Harden und Jamal Crawford sind meine Favoriten.

Aber Harden und Crawford spielen nicht wie du als Power Forward.

Wenn ich am Ende meiner Karriere stehe, möchte ich ein Small Forward sein.

Hattest du ein Idol, als du klein warst?

Ja, Reggie Miller.

Du hast in den letzten Spielen öfter den Wurf von außen gesucht und auch gute Dribbling gezeigt. Trainierst du das speziell?

Ja, ich übe im Eins-gegen-Eins gegen Yannick (Anzuluni). Auch im Sommer arbeite ich an meinem Ball-Handling und an meinem Wurf. Wenn es aber ins Spiel geht, steht das Passen und das Teamspiel im Vordergrund.

Du bist einer der Arbeiter im Team und holst unzählige Offensiv-Rebounds. Hast du einen besonderen Riecher dafür?

Du musst ein Gefühl dafür haben und wissen, in welchem Winkel der Wurf kommt. Und du musst den Rebound mehr wollen als dein Gegenspieler.

Wie würdest du deine Spielweise beschreiben?

Ich bin ein Energiebündel. Ein Spieler, der zum Korb zieht und mehr mit dem Gesicht zum Korb spielt.

Neben Ivo (Slavchev) bist du wohl einzige Spieler im Team mit Tattoos. Kannst du ein wenig darüber verraten?

Jedes meiner Tattoos hat eine Meinung. Der Koi-Karpfen auf meinem rechten Arm steht für meinen Großvater. Sein Spitzname war „fish“ und soll mich immer an ihn erinnern. Auf meinem linken Bizeps steht „reach for the stars“ (Greif nach den Sternen), denn als kleiner Junge weckte mich meine Mutter immer auf und sagte: Streck dich und greif nach den Sternen! Dieses Tattoo ist ihr gewidmet. Dann habe ich ein Tattoo mit dem Schriftzug „Believe“, denn im Leben musst du an dich glauben, um etwas erreichen zu wollen. Wenn du einen Plan hast, musst du ihm folgen. Am Ende macht es sich bezahlt.

Welche Ziele hast du in deiner Karriere?

Ich möchte mindestens zwei Meisterschaften gewinnen. Ich stand einmal knapp davor, aber habe es nicht geschafft. Und dann möchte ich als Small Forward spielen.

Fotos von Jarrell Crayton aus der Saison 2014/2015

Fotograf: Tobias Hahn

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